Eines Tages kam Marco zu uns in den Laden. Er hätte neue Produkte für uns. Diesmal nicht aus Umbrien, aber angrenzend aus einem kleinen Ort in der Toskana namens Monte San Savino, in der Provinz von Arezzo. Wir gingen durch die übliche Routine. Wir haben die Produkte probiert, sie als geschmacklich sehr gut empfunden. Uns nach der Tierhaltung informiert. “Wildlebende Schweine!”. Super. Passt. Uns war in diesem Moment jedoch nicht bewusst, wie „super“ die Produkte wirklich sind, bis wir ca. ein halbes Jahr später selbst nach Italien gereist sind, um Aldo, den Metzger und Claudia, die Züchterin der Schweine kennenzulernen.
Der Sohn von Aldo, Georgio, wartet in seinem Auto am Straßenrand irgendwo mitten auf dem Land auf uns. Wir sind eine Stunde zu spät, weil sogar Google Maps diesen kleinen Ort nicht finden konnte. Wir folgen ihm durch Landstraßen und Feldstraßen hin zu einem kleinen Hof, mit einem kleinen Restaurant. Ein typisches toskanisches Landhaus aus Stein mit Weinreben bewachsen und als Sonnenschutz auf der Terrasse. Claudia, die Züchterin der Schweine nimmt uns in Empfang. Durch die Verspätung, hätte sie leider nicht mehr viel Zeit, da sie gleich weiter zu ihrer Mutter muss, die sie selber pflegt.
Wir springen also alle in ihren Geländewagen und fahren Richtung Wald. Wir sehen die ersten Schweine. Eine Kreuzung zwischen „Large White“ und dem für die Toskana einheimischen „Cinta Senese“ Schwein. Die Tiere haben einen kleinen See und leben inmitten von Bäumen und Büschen. Es leben ca. 300 Schweine ganzjährig auf 130 Hektar Land.
Das Futter suchen sich die Schweine selber. Trotzdem wird zugefüttert. Alle zwei Tage gibt es einmal pro Tag frisches Futter, welches aus eigenem Bioanbau stammt, von den umliegenden Feldern. Die Schweine sind sehr scheu und bleiben auf Distanz. Ein Zeichen dafür, dass kaum Interaktion mit Menschen stattfindet.
Georgio erzählt, dass er von Claudias Tierhaltung so begeistert war, als er zum ersten Mal davon hörte, dass er entschieden hat, künftig alle Schweine von ihr abzukaufen. „Dies ist die Zukunft“, sagt er. ‚Ein Geschäftsmann mit Zukunftsvision’, denke ich mir. Genau diese Schweine werden für unseren Pancetta, Guanciale, und die hervorragende Salami Sbriciolona benutzt.
Maestro d'Arte e Mestiere Aldo Lacomoni
In Monte San Savino fahren wir durch enge Gassen hoch in die Altstadt. Wir kommen auf einem kleinen Marktplatz an, voll mit Menschen, die in der Sonne unter Sonnenschirmen genüsslich essen und trinken. Es ist das der Delikatessen Laden „Le Delizie di Aldo.“
Aldo Iacomoni ist der Vater von Gerogio und wird uns direkt vorgestellt. Man sieht, dass er ein älterer Herr ist, aber er strahlt über das ganze Gesicht und scheint so vital wie andere mit 20 Jahren. Sofort führt er uns zu einem Tisch draußen zu den anderen. Er war es, der den Familienbetrieb 1960 ins Leben gerufen hat.
Aldo wurde im Jahr 2016 in Mailand mit dem Titel "Maestro d'Arte e Mestiere" ausgezeichnet
Erst eröffnete er seine Metzgerei, dann ein paar Jahre später direkt daneben ein kleines Delikatessen „Restaurant“, wo man leckere Wurstplatten und frischen Porchetta essen kann. Auf den habe ich es abgesehen, denn ich habe noch nie in Italien einen warmen, dick aufgeschnittenen Porchetta gegessen. Mein Glück war, wie wir erst jetzt von Aldo selbst erfahren, dass er einer der besten Porchetta des Landes macht.
Aldo wurde im Jahr 2016 in Mailand mit dem Titel "Maestro d'Arte e Mestiere" ausgezeichnet, dank seiner Liebe zur Tradition und der Fähigkeit, seine Tätigkeit den heutigen Bedürfnissen anzupassen. Diese Auszeichnung kommt von der renommierten internationalen Schule für italienische Küche, „Alma.“ Dort unterrichtet er auch ein paar Kurse und bringt den jungen Leuten das Metzgerhandwerk bei.
Aldo unterrichtet an der renommierten internationalen Schule für italienische Küche, „Alma.“ Dort bringt er den jungen Metzgern das traditionelle Metzgerhandwerk bei.
Tatsächlich, erklärt er, können nicht viele Porchetta machen. Es ist eine Kunst und sehr anspruchsvoll. Man muss das noch lebende Schwein aussuchen und beurteilen, ob es gut geeignet ist für einen Porchetta. Hat es den richtigen Fett- und Muskelfleischanteil? Welches Futter bekommt es zu fressen? Dann muss man beim Zerlegen alle Knochen richtig rauslösen, eine sehr schwere Arbeit, wobei man die Anatomie vom Schwein sehr gut kennen muss, damit keine Knochen im „Braten“ übrig bleiben.
Beim Porchetta wird das komplette Schwein, nachdem alle Knochen aus dem Körper sind, zusammengerollt, wie ein Braten. Wildfenchel, Salz, Knoblauch, Pfeffer. Dann „muss!“ die Porchetta im Holzofen, „wie Brot!“ Stunden gegart werden. Ein Festmahl. An dieser Beschreibung erkennt man Aldo’s Leidenschaft für sein Handwerk. Er meint es ernst, ist stolz und arbeitet deswegen selbst, noch heute mit 77 Jahren in der Metzgerei.
Mit vollem Magen und Glückseligkeit vom Vinsanto mit Tozzetti gehen wir in den Betrieb, wo für den Markt und auch für uns die Pancetta, Guanciale, und die hervorragende Salami Sbriciolona hergestellt werden. Es ist eine unauffällige Produktionshalle im Industriegebiet. Die Halle ist recht leer. Es sind lediglich noch ein paar Porchetta im Ofen, die Georgio nun rausnehmen muss. Er zeigt uns danach die einzelnen Reifekammern. Es ist eine kleine Produktion. Auf die Frage hin, ob er sich vergrößern möchte, sagt er ganz klar, „Nein, auf keinen Fall, darunter würde nur die Qualität der Produkte leiden!" Sympathisch, wie ich finde.
Aldo und Georgio benutzen „Vinsanto“, ein aus der Region stammender klassischer Süß- oder Dessertwein, als “Zucker” für die Milchsäurebakterien in der Salami.
Es ist sehr spannend, was uns Georgio über die Herstellung der Salami erzählt. Auf meine Frage hin, ob sie Zucker in der Produktion benutzen, sagt er, dass sie lieber „Vinsanto“ benutzen, ein aus der Region stammender klassischer Süß- oder Dessertwein. Um die richtige Bakterienkultur der Salami aufrechtzuerhalten, benutzt er immer die beste Salami der letzten Produktion als „Mutterteig“ für die nächste Produktion. Wie beim „Sauerteigbrot.“ Ganz traditionelle Herstellungsmethoden, die aber immer mehr in Vergessenheit geraten.
Um die richtige Bakterienkultur der Salami aufrechtzuerhalten, benutzt er immer die beste Salami der letzten Produktion als „Mutterteig“ für die nächste Produktion. Wie beim „Sauerteigbrot.“ Ganz traditionelle Herstellungsmethoden, die aber immer mehr in Vergessenheit geraten.
Zurück im Laden freue ich mich jedes Mal, wenn wir neue Ware von Aldo und Georgio bekommen und ich diese mit dessen Geschichten an unsere Kunden weitergeben kann.
BESUCHT von Marco, Felix & Deschna
TEXT & FOTO Deschna