An einem eiskalten Januarmorgen waren wir auf dem Acker von Axel und Clemens und sahen nach den Schweinen, denen erstaunlicherweise die niedrigen Temperaturen nichts ausmachten.
Wer schon mal im Laden eines der Koteletts vom Potsdamer Sauenhain in der Hand hatte, dem fällt direkt die dicke Fettschicht und die satte Farbe des wohlmarmorierten Fleisches auf. Das so hin zu bekommen, ist gar nicht so leicht. Naja, eigentlich schon…
„wenn man die Tiere einfach in Ruhe und in der Natur und ihnen Bewegung und Zeit lässt“ so Axel.
Axel ist einer der Gründungsväter des Potsdamer Sauenhains, zusammen mit seinem Geschäftspartner Clemens. Ihre Schweine dürfen so leben, wie man sich das in romantischer Weise vorstellt. Ein Leben unter freiem Himmel, ob im Sommer oder im Winter, mit viel Platz und der Schnauze im Schlamm. Vor einigen Jahren haben sich die beiden dazu entschlossen, ihren Job in einem internationalen Konzern an den Nagel zu hängen und die Büroluft gegen die kalte, frische Luft auf Potsdamer Wiesen einzutauschen. Seit nun fast einem Jahr beliefern uns die beiden mit Frischfleisch und ihren legendären Brat-, Blut- und Leberwürsten.
Wir konnten es uns bei einem Besuch auf dem Sauenhain natürlich nicht nehmen lassen, einen Tag voll mit anzupacken. Es war eiskalt, die Bäume und Gräser waren mit Reif bedeckt. Kaum stiegen wir aus dem Auto aus, kamen schon die ersten neugierigen Schweine auf uns zugelaufen. „Oh wie schön“ dachten wir. „Futter...!“ dachten wahrscheinlich die Schweine, die zielstrebig zum Trog rannten und fordernd grunzten.
Auf einer Fläche von etwa zehn Hektar leben derzeit 160 Schweine. Je nach Alter und Gewicht sind sie in mehrere Bereiche und in Gruppen aufgeteilt. Die Temperaturen scheinen den Tieren offensichtlich nichts auszumachen. Sie flitzen munter kreuz und quer herum und wühlen in der halb gefrorenen Erde. Für die Nacht allerdings haben sie mit Stroh ausgepolsterte Hütten. "Schweine sind Nutztiere“ sagt Clemens, "aber sie müssen es behaglich haben“. Er sagt, in den Hütten sei es mollig warm. Und wenn wir Lust hätten, könnten wir es nachprüfen. Und wahrhaftig, - es ist warm!
Das Futter besteht dabei aus allem, was die Tiere im Boden finden, sowie Getreideschrot, Treber von der benachbarten Meierei in Potsdam und auch Apfeltrester im Herbst. Seit kurzem kommt jeden Mittwoch ein Bäcker aus dem Nachbardorf und bringt Altbrot, was die Schweine sichtlich freut. Die Zucht erfolgt hier noch auf natürlichem Weg. „Wir haben zehn Muttertiere, die so lange mit dem Eber auf der Weide stehen, bis sie tragend sind. Dann bekommen sie ihre eigene Parzelle und nach ungefähr vier Monaten kommen die kleinen Ferkel auf die Welt. Die bleiben 50 Tage bei ihrer Mutter, werden gesäugt und werden dann in den Kindergarten gebracht, bevor wir sie schließlich auf ihre Weide lassen.“ berichtet Clemens.
Dort bleiben sie dann bis zu 12 Monate und fressen sich ein Gewicht von etwa 120 kg an. Die ihnen gegönnte längere Aufzuchtzeit, die Bewegung und das Futter machen sich bemerkbar. Geschmacklich und vom Mundgefühl her sind das Welten im Vergleich zu konventionellen Produkten. Die älteste Muttersau ist etwa drei Jahre alt und schon seit Anfang an da. „Sie ist so groß, die würden David und Werner gar nicht nehmen“ sagt Axel. „Wie viel wiegt die wohl?“, fragt Manu ihn. „Über ihr Gewicht spricht sie natürlich nicht gern. Aber bestimmt so an die 250 kg“.
David und Werner heißen die beiden Metzger, zu denen alle zwei Wochen zwei bis drei Schweine gebracht und geschlachtet werden. Die beiden, Vater Werner und Sohn David Böhnke, sind ein eingespieltes Team. Seit 1990 machen sie das. Vorher waren sie Schäfer und haben schlachten lassen. Aber irgendwann kam die Erkenntnis, dass der „letzte Schritt“ eigentlich auch in ihrer Hand liegen muss. Aus Respekt vor dem Tier!
Es ist kein schöner Moment, die Tiere gehen zu sehen. Axel, der seine Schweine immer persönlich zum Schlachter fährt, ist jedes Mal sehr berührt. Man sollte Ehrfurcht und Dankbarkeit empfinden. Wir finden es wichtig, selber ab und an bei der Schlachtung dabei zu sein. Wir Konsumenten vergessen zu schnell, dass dort ein Tier für uns stirbt und nehmen es für selbstverständlich. Beruhigend ist es dann zu sehen, dass die Tiere leben durften wie ein Schwein es tun sollte und, dass sie stressfrei geschlachtet werden. Mit einer elektrischen Zange wird das Schwein betäubt. Innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde ist es vorbei. Mit einem gezielten Schnitt werden die Hauptschlagadern am Hals geöffnet und das heraus-fliessende Blut wird aufgefangen, um später daraus Blutwurst zu machen. Nach dem Ausbluten wird das Tier abgebrüht und abgeflammt, ausgenommen und zerteilt. Die Hälften werden in die Kühlkammer gebracht und am folgenden Tag zerlegt und verwurstet.
Zwei Tage später stehen wir wieder hinter der Theke im Laden. Die Lieferung von Axel und Clemens ist da und wir räumen sie in die Auslage. Die Ladentür öffnet sich. Ein Kunde fragt nach gutem Fleisch. Wir denken an den gestrigen Tag und nehmen den Kunden durch unsere Erzählung gedanklich mit zum Potsdamer Sauenhain. Wir und unsere Kunden sind stolz, mit solchen Partnern zusammenarbeiten zu können und mit jedem verkauften Stück einen Teil zu dieser Art von Tierhaltung beizutragen.
BESUCHT von MANU, THOMAS & SASCHA
TEXT SASCHA & MANU
FOTOS SASCHA