Wein aus dem Alentejo in Berlin

Portugiesicher Wein aus dem Alentejo in Berlin

Um es gleich vorweg zu nehmen. Nein, Adega Mayor ist kein kleines Weingut mit wenigen Land und lässt das Terroir den Geschmack des Weines bestimmen. Unser Monte Mayor Reserva, den wir alle so gern trinken, wird nicht biodynamisch angebaut, nicht spontan mit wilden Hefen aus dem Weinberg vergoren und entspringt auch nicht einem naturbesessenen, junggebliebenen Idealisten, der mit seinem Weinanbau die Welt verbessern will. 

Adega Mayor gehört zum führenden Kaffee-Hersteller Portugals, der Firma Delta Café. Vor 20 Jahren hat der Inhaber Rui Nabeiro, der auch aus der Region Campo Maior stammt, die Entscheidung getroffen wieder Wein in der Region anzubauen. Dafür wurde gleich einer der renommiertesten Architekten Portugals engagiert, Álvaro Siza Vieira. Ich merke schnell, der Wein wird nicht für die Leidenschaft zum Wein gemacht, sondern für die Menschen, die den Wein produzieren. Für die Arbeiter, für die Region, für Portugal und auch für die Kunden. Das spiegelt sich in seiner Rolle als Arbeitgeber, aber auch in seiner Rolle als portugiesischer Konzern, wider. 

Der Grund warum Rui Nabeiro Wein anbauen wollte hat nicht nur ökonomische Gründe. In seiner Kindheit ist er auf dem Land aufgewachsen und, so sagt er in dem von einer wahrscheinlich gut bezahlten Marketingagentur produzierten Imagefilm, dass seine Familie immer direkt vom Land gelebt hat. Und das stimmt. Allein in den wenigen Tagen, die ich in Portugal verbracht habe, hat jedes kleine Hotel, jede kleine Gaststätte eigenen Wein hergestellt. Nabeiro wollte dem Weinsterben entgegenwirken und den Weinanbau im "Campo Maior" wieder ins Leben rufen. 

PORTUGIESISCHER WEIN AUS UND FÜR ALENTEJO

Ich werde von Tiago, dem Zuständigen für Weintourismus, herumgeführt. Er erzählt mir von den Anfängen von Adega Mayor während wir durch die Weinreben gehen. Der Weinanbau fing mit 10ha an, sagt er. Nach fünf Jahren wurden bereits die ersten zwei Weine produziert. Darunter auch unser Monte Mayor Reserva. Das war 2006. Heute besitzt Adega Mayor knapp 55-65ha Land, kauft zusätzlich Weintrauben von umliegenden Weinbauern ein und hat allein für den Caiado eine zweite "Produktionstätte" ein Dorf weiter errichtet. Es gibt eine Marketingabteilung und auch ein Labor, wo ganz genau gemessen wird wie viel Süße, Alkoholgehalt und Tannin im Wein sind. Natürlich gibt es den kontrollierten Einsatz von Pestiziden und auf meine Frage hin, ob mit wilden oder künstlichen Hefen gearbeitet wird, gibt es einen kleinen Lacher mit dem Nachdruck "natürlich" wird mit künstlichen Hefen gearbeitet. Während er mir all dies erzählt frage ich mich, wie das zu uns als Laden passen könnte? 

Doch ich erinnerte mich an ein Gespräch mit dem Team, das wir erst vor kurzem in unserem Laden hatten, in welchem wir die Auswahl unserer Weine ernsthaft diskutiert haben. Dabei hat Jörg nachdrücklich betont, wir sind vom Einfachen das "Gute" nicht das "Beste". Dazu gehört auch ein gut produzierter Rotwein aus Portugal, auch wenn er im 1000l Stahltank produziert wurde und nicht in einem 20l kleinen Lehmkrug. 

Nur weil Naturwein der neue Status Quo der kleinen Weinläden in den Städten zu sein scheint, heißt es nicht auch, dass ein großes Unternehmen etwas "Gutes" mit seinem Wein schaffen kann und seine Daseinsberechtigung hat. Und das hat Adega Mayor durchaus. Heute beschäftigt das gesamte Unternehmen, inklusive des Weinguts, 3300 Menschen aus der Umgebung und hält die Region und deren lokale Wirtschaft am Leben. Der Grund, warum die Reben komplett handgelesen werden, ist nicht in erster Linie die Qualität des Weines, sondern dafür, so viele Menschen wie möglich aus der Region zu beschäftigen. Auch auf meine Frage, warum Korken und nicht Schraubverschlüsse genutzt werden, sagt Tiago ganz selbstverständlich: "Portugal ist der zweitgrößte Korkhersteller weltweit, so unterstützen wir die nationale Wirtschaft." Adega Mayor, Rui Nabeiro, erhält mit seinem Schaffen, seiner Verbundenheit mit seiner Heimat, die lokale Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft. 

Wie ich am Anfang geschrieben habe, ist der Wein für den Menschen, den Arbeiter, die Region und auch für den Gast. Sehr oft sagt Tiago, dass aus den verschiedenen Rebsorten, den verschiedenen Holzfässern, Stahltanks und auch künstlichen Hefen ein bestimmter Geschmack erzielt werden soll. Und trotzdem produziert Adega Mayor keinen Industriewein. Der Caiado ist kein Preiseinstiegswein. Tiago muss Kunden oft erklären, dass Adega Mayor keine günstigen Industrieweine für zwei Euro anbietet, sondern solide gute Weine mit einem sehr guten Geschmack – ohne Kopfschmerzen am darauffolgenden Tag. "Ein Kampf an zwei Fronten", so denke ich mir.

Adega Mayor hat außerdem ein zweites Problem und zwar mit den Portugiesen selbst. Sie wollen keinen Rosé, sagt Tiago, dies sei kein richtiger Wein. Sie meinen, es gäbe entweder weißen oder roten Wein. Was die Kunden aber vermehrt wollen sind Weine aus biologischen Weinanbau. Somit wird Bio auch ab dem nächsten Jahr angebaut. Sie werden mit den ersten 10ha an, mit denen sie auch ihre ersten Weine gekeltert haben. "Es ist die Zukunft" sagt Tiago. So einfach ist es. 

Am Ende der Tour sitze ich auf dem Grasdach des großen, komplett weißen Gebäudes. Es gibt einen kleinen Pool in Marmorstein und einen Sonnenschirm unter dem wir sitzen. Es ist komplett still in der Umgebung und es weht eine angenehme Brise, während wir die Weine von Weiß bis Rot verkosten. Wir unterhalten uns über Sport, das Gastgebersein und die portugiesische Gastfreundschaft. Eine Qualität, die Adega Mayor und, in diesem Fall, Tiago, bestimmt nicht fehlt. Ein ganz toller Besuch. 

BESUCHT von Deschna
TEXT & FOTOS Deschna
DANK an Rui Luís Macedo Baptista für die Organisation